Neidhart von Reuental
Neidhart von Reuental
Über Neidharts Leben ist sehr wenig bekannt. Geboren in Bayern am Ende des 12.
Jahrhunderts, zog er als fahrender Sänger durchs Land, nahm vielleicht an einem
Kreuzzug teil und starb gegen 1240 in Mödling bei Wien.
Eines lässt sich freilich sagen: Neidhart und seine Lieder waren ungeheuer
populär und beliebt. In 22 Handschriften sind über 200 Texte und 55 Melodien
überliefert, die von ihm oder von Nachahmern à la Neidhart gesungen worden sind.
Diese Oeuvre wird in der Forschung einfach aufgeteilt - in Sommerlieder und
Winterlieder, Lieder zum Tanz auf dem Anger und Lieder zum Tanz in der Stube.
Und wirklich beginnen auch die meisten seiner Lieder mit einem sog.
"Natureingang", etwa "Wie schön, dass der Mai mit Sonne, Blumen, Gras und den
Vögeln wiedergekommen ist!" oder "Wie schlimm, dass der Winter mit Reif, Schnee
und Frost eingekehrt ist!". Doch nach ein paar Zeilen oder Strophen solcher
Konvention folgen im Ton sehr individuell gehaltene Lieder, virtuos und
ausdrucksstark, lustig, aufschneiderisch, erotisch, obszön, brutal, klagend,
nörgelnd, bittend, meist mit sehr eingängigen, eindringlichen Melodien, die sich
bei den zahlreichen Wiederholungen durch die zahlreichen Strophen hineinbohren
ins Ohr, Ohrwürmer werden.
Und so eröffnet sich bei näherer Betrachtung ein sehr vielfältiges Bild dieser
Sommer- und Winterlieder, zahlreiche Variationen und Facetten des immer gleich
gestellten Themas, nämlich aufzuspielen zum Tanz, Zuhörer zu unterhalten und zu
amüsieren.
Heinz Schwamm