Mönch von Salzburg
Mönch von Salzburg
Die Lieder des "Mönch von Salzburg" gehören zu den am weitest verbreiteten des
gesamten Mittelalters. Die ihm zugeschriebenen 49 geistlichen und 56 weltlichen
Lieder sind in über 100 Handschriften überliefert. (Es sind allerdings die
geistlichen Lieder, die vielfach tradiert sind, für die weltlichen Lieder ist
die Überlieferung wesentlich schmaler.) Über das Leben dieses Liederdichters und
Komponisten aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ist nur sehr wenig
bekannt. Die Autorenbezeichnung münch ist in Handschriften seit Beginn des 15.
Jahrhunderts belegt. Welche historische Persönlichkeit sich hinter diesem
"Pseudonym" verbirgt, ist bis heute ungeklärt. Einige sichere Hinweise zu seiner
Biographie geben uns seine Lieder selbst: 2 weltliche Lieder sind auf die Jahre
1387 bzw. 1392 datiert, 2 geistliche Lieder verweisen - wie auch die beiden
weltlichen - auf die Zeit und den Umkreis des Salzburger Erzbischofs Pilgrim II.
von Puchheim, der von 1365 bis 1396 regierte. Unter der Regierung dieses
hochgebildeten und weitgereisten Mannes wurde Salzburg ein bedeutendes
politisches und kulturelles Zentrum. Da im Lied "Dem allerlibsten schönsten weib"
ein "Pilgrim sich als Verfasser nennt, wäre es möglich, dass der Erzbischof mit
dem "Mönch" identisch ist, andernfalls war er wohl eine Art Hofdichter am
Salzburger Hof.
Wie die weite Verbreitung seiner Lieder bezeugt, gehörte der "Mönch von
Salzburg" zu den bekanntesten Lyrikern des Mittelalters. Im Gegensatz zu
anderen, wie Walter von der Vogelweide, Neidhart von Reuental oder Oswald von
Wolkenstein, deren Werk durch Ausgaben und reichhaltige Literatur gut
erschlossen wurde, blieb der "Mönch" bisher selbst in Germanistenkreisen
weitgehend unbekannt, während die Musikwissenschaft nur seine (4!) mehrstimmigen
Lieder zur Kenntnis nahm.
Sehr zu Unrecht, wie wir glauben! So zeichnen sich seine Lieder durch eine große
thematische Vielfalt, sprachliche Virtuosität und musikalische Originalität aus.
Es finden sich neben Tageliedparodien, derben Freß- und Saufliedern und "Klafferschelten"
vor allem Liebeslieder, die eine erstaunliche Variationsbreite in Motiven und
Gefühlsausdruck zeigen. Wenn auch die Liebe, wie sie sich beim "Mönch"
ausdrückt, ohne die Tradition des Minnesangs nicht denkbar ist, fasziniert uns
die - im Gegensatz zu manchem Lied der "hohen Minne" - Unmittelbarkeit und
Wahrhaftigkeit im Ausdruck und die meisterliche "Psychologisierung", seine
Lieder machen auch den heutigen Hörer unmittelbar und sehr persönlich betroffen.
Heinz Schwamm