Amor ist eyn lustlich walt

"Amor ist eyn lustlich walt"

Musik aus deutschen Liederbüchern des 15. Jahrhunderts

Im 15. Jahrhundert übernahm das Patriziat in den deutschen Städten die Pflege des einstimmigen Liedes vom professionellen "Minnesänger". Es entstanden eine Reihe von "Liederbüchern", deren vielfältiger Inhalt vom Geschmack des jeweiligen Sammlers bestimmt war.

Das "Rostocker Liederbuch" ist eine Sammlung, die zwischen 1465 und 1487 an der 1419 gegründeten Rostocker Universität zusammengestellt wurde und heute in der dortigen Universitätsbibliothek aufbewahrt wird. Es spiegelt das Repertoire, das wohl in studentischen Kreisen dieser Zeit geläufig war:

lateinische und deutsche, geistliche und weltliche, moralische und unmoralische Texte, Liebeslyrik und Vagantendichtung sind hier vereint in 51 Liedern (dazu 30 Melodien) und verschiedenen Spruchdichtungen. Es ist die älteste Sammlung niederdeutscher Lyrik, und obwohl einiges davon auch in Übertragungen aus dem Hochdeutschen (z.B. aus dem "Lochamer Liederbuch") übernommen wurde, hat hier das Niederdeutsche den Wert einer eigenen Literatursprache gewonnen. (B.Schwendowius)

Eine weitere bekannte Liedersammlung des 15. Jahrhunderts ist das "Lochamer Liederbuch". Es wurde ca. 1455 von Frater Judocus von Windsheim zusammengestellt , gehörte um 1500 dem Nürnberger Patrizier Wolflein von Lochamer, und befindet sich heute in der Berliner Staatsbibliothek. Es enthält größtenteils anonym überlieferte Liebeslieder und drei lateinische Kontrafakturen weltlicher Stücke.

Die "Mondsee-Wiener-Liederhandschrift", deren Liederteil von 3 unterscheidbaren Schreibern in der 2. Hälfte der 1450er bzw. gegen Ende der 1460er Jahre aufgezeichnet wurde, war - gemäß zweier eigenhändiger Einträge von 1472 - im Besitz des Goldschmieds Peter Spörl aus Wasserburg am Inn, der 1465 Salzburger Bürger geworden war. Aus seinem Besitz kam die Handschrift noch im 15. Jahrhundert in die Bibliothek des Klosters Mondsee und von dort an ihren heutigen Aufbewahrungsort in Wien (Österreichische Nationalbibliothek). Sie enthält ca. 100 geistliche und weltliche Lieder und ist eine der Hauptquellen für das Oevre des "Mönch von Salzburg", einem der bekanntesten Autoren des Spätmittelalters.

Und so präsentiert diese Sammlung die ganze Bandbreite spätmittelalterlicher Liedkunst:
Hochdeutsche, niederdeutsche und lateinische Lieder stehen nebeneinander, manche damals schon über ein halbes Jahrhundert alt, manch eines zeitgenössische Ereignisse spiegelnd, Minnelieder, volkstümliche Lieder, historisch-politische, derb erotische, aber auch religiöse Lieder . . .

Heinz Schwamm